zweifelturm
Sonntag, 10. März 2013
Im Zweifel für den Zweifel

In einem sehr netten Text über dieses Blog überlegt der Journalist und DJ Martin Böttcher, was ein Zweifelturm sein könnte: „Ein riesiges Bauwerk, das nichts für bare Münze nimmt, sondern sich seine eigenen Gedanken macht. Nun wissen wir natürlich genau, dass sich Türme, genau wie alle anderen Bauwerke, über nichts und niemanden Gedanken machen, weil sie gar nicht denken können.“

Das ist sehr schön und natürlich genauso richtig wie alles andere, was man sich unter einem Zweifelturm vorstellen kann. Ein Zweifelturm ist der Zweitturm, in dem ein Schriftsteller sitzt, wenn er sich nicht gerade in seinem Erst- und Elfenbeinturm befindet. Er steht für den Zweifel, der einen beim Schreiben begleitet, ebenso wie für die Zweifel, die sich in diesem Blog Text für Text aufeinander türmen. Ganz im Sinne Jörg Fausers, der in seinem Essay „Blumen für die Mauer“ erklärt: „Ich bin kein netter Mensch, sondern Schriftsteller, einer der Dunkelmänner also, die beim ältesten Verfassungsschutz der Welt angestellt sind, beim Verfassungsschutz für Sprache und Zweifel.“

Nicht zuletzt ist der Zweifelturm also ein Monument für den Zweifel an sich, dem gemeinhin ein etwas zweifelhafter Ruf anhängt. Zweifeln, das heißt Zaudern, Zögern, sich nicht entscheiden können. Doch Zweifeln bedeutet immer auch In-Frage-stellen: sich selbst, die anderen, Autoritäten – Zustände und Bedingungen. „Wer recht erkennen will“, schreibt Aristoteles, „muss zuvor in richtiger Weise gezweifelt haben.“ In Eberhard Puntschs „Das große Handbuch der Zitate“ ist der Zweifel folgerichtig zwischen den Schlagwörtern Irrtum und Grund einsortiert. Keine Frage, dass die Welt ohne Zweifel eine noch schlechtere wär.

Natürlich kann es dabei auf das Maß ankommen, wie das Wort verzweifeln zeigt. Mitunter muss man sich überwinden, die Zweifel über Bord werfen, einfach machen. Unüberlegt und Hals über Kopf.

Klingt das jetzt zu selbstgewiss? Tut mir leid! So war es auch nicht gemeint.

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Last modified: 20.01.20, 13:07
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Kommentare
Contact request Lieber Philip Meinhold
Wie könnte ich Sie per Email erreichen? Ich heiße Omer...
Oliverfunk, vor 5 Jahren
Oh, vielen Dank! Das freut
mich - und ich hoffe, das Buch hält dem...
philipmeinhold, vor 10 Jahren
als spross eines naziclans
hab ich jahrzehntelang meinen schuldkomplex abgearbeitet war 1987 zwei wochen...
wilhelm peter, vor 10 Jahren
Moabit Ich verstehe den Hintergrund
für den Artikel sehr gut. Dennoch bleibt zu behaupten, die...
Mario Murer, vor 10 Jahren
Hach, ja! Schön, war's!
philipmeinhold, vor 10 Jahren
Randnotiz: Der Plus in
der Stromstraße, 2002
Mama, vor 10 Jahren
Ja. Beknackt
ist ja auch, daß in den Townhouses die Wohnungen plötzlich senkrecht statt...
stralau, vor 10 Jahren
ich kenne keinen Investor, der
bereit ist, großzügige Räume im historischen Bestand (etwas Dachräume)...
Kalkspazz, vor 10 Jahren
Können Sie nicht in den
Schrank der Großeltern ziehen? Dann sind die Sachen auch...
philipmeinhold, vor 10 Jahren
Ja! Ja! Ja! Hier in
Frankfurt gibt es ja das neue "Europaviertel", von mir...
andreaffm, vor 10 Jahren
ja es ist auch gutes
übriggeblieben man erkennt an dem posting allzudeutlich dass nicht...
wilhelm peter, vor 11 Jahren
bin 60 und ziehe mir
den schuh an selten so gelacht tolle polemik lsd...
wilhelm peter, vor 11 Jahren
Oh, nein! Das kommt davon,
wenn man aufgehört hat, das Kino-ABC nach Hitchcocks zu...
philipmeinhold, vor 11 Jahren
"Blackmail" "Blackmail" lief am 28.
Juni 2011 im Babylon Mitte mit Live-Orgelbegleitung. Großartig!
donegal68, vor 11 Jahren
unabhängigkeit Hallo Herr Meinhold,
leider beleuchtet auch ihr hier verfasster Artikel die Problematik nicht wirklich....
medionso, vor 12 Jahren
Wir brauchen einen ÖR... ...
aber diesen nicht. Siehe die Beiträge oben. Ich bin überhaupt...
uessen, vor 12 Jahren
Nein... Nein, nein, nein! Mein
persönliches Nutzungsprofil des ÖR ist ziemlich überschaubar: Von selber eigentlich...
Enter, vor 12 Jahren
Alternativen Hallo Herr Meinhold !
Ich kann Abhilfe schaffen, um die Angst vor Tellerrändern (und...
rugay, vor 12 Jahren
Meinen Sie diesen Schönenborn? http://www.politaia.org/internet-und-medien/putin-lasst-gez-schonenborn-auflaufen/
Ich kann GEZ-Steuern mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ihr Beitrag...
Infoliner, vor 12 Jahren
Die Graffiti-Analogie verstehe ich nicht.
Zur "Verbeamtung": Das ist ja ebenfalls eines der Vorurteile...
philipmeinhold, vor 12 Jahren
Betriebsblind. Die Leute regen sich
nicht über die sagenhafte Programmvielfalt eines Qualitätsmediums auf, sondern, über...
Scriptmaster, vor 12 Jahren
Ihre Ausführungen ähneln denen eines
15-Jährigen, der bei seiner "Grafitti-Kunst" erwischt wurde und nun...
bernd23, vor 12 Jahren
Und damit sind die GEZ-Hasser
dann in der Gesellschaft, die zumindest die undifferenzierte Kritik...
philipmeinhold, vor 12 Jahren
derselbe Fehler "Und dafür zahle
ich GEZ!" ist also nicht hilfreich und reichlich abgedroschen? Gleiches...
ThomasL, vor 12 Jahren
ich mach mir die welt
wie sie mir gefällt.. aus pipi langstrumpf,eine serie die ich...
neuheide, vor 12 Jahren

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