zweifelturm
Freitag, 26. April 2013
Who wants to fuck Frank Rosin?

Die Wogen des Shitstorms schlugen wieder mal hoch, als Christian Ulmen vor einigen Wochen seine neue Sendung „Who wants to fuck my girlfriend?“ ankündigte. Die Kritikpunkte lagen bei Titel und Konzept der Sendung auf der Hand: Zwei Männer, die im Wettstreit miteinander darum buhlen, wessen Freundin wohl von mehr fremden Männern … und so weiter. Die Reduzierung der Frau auf ihren Körper, auf ein Sexobjekt mit Warencharakter, Statussymbol für die Männer.

Ich habe mir die Sendung nicht angesehen, denn es war ja alles leicht vorstellbar: Wie da ein paar Jungs eine lustige Idee für eine Fernsehshow haben; wie sie – womöglich – ihren Frauen davon erzählen, die das – vielleicht – sogar lustig finden. Wie die Sendung am Ende aussieht: ein pubertärer Jungsspaß mit kalkulierter Lust am politisch Unkorrekten.

Kürzlich habe ich dann aber doch mal zufällig in die Sendung reingeschaltet – und ich muss sagen: Ich fand sie für zehn Minuten ganz lustig. Christian Ulmen in seiner Rolle als Uwe Wöllner (dicke Brille, Basecap, ein bisschen dämlich, aber direkt), dazu zwei Kandidatenpaare. Dieses Mal ging es nicht um Freundinnen, sondern um zwei Jungs mit ihren Müttern.

Die Mütter waren für ihr Alter erstaunlich gut in Schuss: eine im Rockabilly-Style mit dicken Brüsten(*), die andere rank und schlank mit im Retro-Stil geflochtenem Haar. Die Frage Wöllners, ob sie die Haare nicht offen tragen wolle, parierte sie mit dem Satz: „Nein, die sind fettig.“ Dann wurden Einspielfilme gezeigt, in denen die Frauen fremde Männer auf der Straße ansprechen und ihnen Fragen stellen mussten: „Würden Sie lieber mit mir oder mit Pamela Anderson ins Bett gehen?“, „Würden Sie mir lieber ihr Glied zeigen oder meine Brüste anfassen?“, „Würden Sie mich lieber lecken oder sich von mir anal ficken lassen?“

Natürlich war das nicht die große Satire-Show, die Sexismus entlarvt, wie sich die Produktionsfirma aus dem böigen Wind des Shitstorms zu retten versucht hatte. Aber die bedröppelten, teils beschämten Blicke der Männer waren schon ganz lustig. Und das Selbstbewusstsein, mit dem die beiden Frauen die Männer anmachten, empfand ich auch nicht als degradierend. Diejenigen, die einem bei der Sache am meisten Leid tun konnten, waren sowieso die zwei halbstarken Söhne im Studio, die mit ansehen mussten, wie ihre Mütter wildfremden Männern Analverkehr offerierten. Gemeinhin ist ja bereits die Vorstellung, dass man das Ergebnis der sexuellen Aktivität seiner Eltern ist, eine eher unangenehme.

Doch das alles war harmlos im Vergleich zu dem, was ich sah, als ich während der Werbepause durch die Programme zappte: Auf RTL 2 lief eine der als Recherche verbrämten voyeuristischen Sex-Reportagen; auf Pro7 wurden im Promi-Magazin „red“ Paparazzi-Fotos irgendeiner Prominenten im Bikini gezeigt und ausführlich erörtert, ob ihr Hintern zu dick sei. Nach dem detaillierten „Zoomcheck“ ihres „superstraffen Bodys“ wurde ihr Po mit dem Stempel „Top Hintern“ versehen. Und bereits am Nachmittag hatte ich beim ZDF in der Kochsendung „Topfgeldjäger“ miterleben dürfen, wie der notgeile Frank Rosin eine Kandidatin erst mit einem Auto verglich, um ihr dann zu erklären, dass man für sie einen Waffenschein brauche. Natürlich blieb der Kandidatin nichts anderes übrig, als diese Übergriffigkeit milde wegzulächeln, wollte sie nicht als Zicke gelten.

Nein, man muss „Who wants to fuck my girlfriend?“ bestimmt nicht lustig finden. Aber mir ist das selbstironische Thematisieren des eigenen Sexismus (Auflösung *), das zunächst ja erst mal ein Erkennen ist, immer noch lieber als jener, der einem üblicherweise als normal verkauft wird.

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Last modified: 20.01.20, 13:07
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Kommentare
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Wie könnte ich Sie per Email erreichen? Ich heiße Omer...
Oliverfunk, vor 5 Jahren
Oh, vielen Dank! Das freut
mich - und ich hoffe, das Buch hält dem...
philipmeinhold, vor 10 Jahren
als spross eines naziclans
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wilhelm peter, vor 10 Jahren
Moabit Ich verstehe den Hintergrund
für den Artikel sehr gut. Dennoch bleibt zu behaupten, die...
Mario Murer, vor 10 Jahren
Hach, ja! Schön, war's!
philipmeinhold, vor 10 Jahren
Randnotiz: Der Plus in
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Mama, vor 10 Jahren
Ja. Beknackt
ist ja auch, daß in den Townhouses die Wohnungen plötzlich senkrecht statt...
stralau, vor 10 Jahren
ich kenne keinen Investor, der
bereit ist, großzügige Räume im historischen Bestand (etwas Dachräume)...
Kalkspazz, vor 10 Jahren
Können Sie nicht in den
Schrank der Großeltern ziehen? Dann sind die Sachen auch...
philipmeinhold, vor 10 Jahren
Ja! Ja! Ja! Hier in
Frankfurt gibt es ja das neue "Europaviertel", von mir...
andreaffm, vor 10 Jahren
ja es ist auch gutes
übriggeblieben man erkennt an dem posting allzudeutlich dass nicht...
wilhelm peter, vor 11 Jahren
bin 60 und ziehe mir
den schuh an selten so gelacht tolle polemik lsd...
wilhelm peter, vor 11 Jahren
Oh, nein! Das kommt davon,
wenn man aufgehört hat, das Kino-ABC nach Hitchcocks zu...
philipmeinhold, vor 11 Jahren
"Blackmail" "Blackmail" lief am 28.
Juni 2011 im Babylon Mitte mit Live-Orgelbegleitung. Großartig!
donegal68, vor 11 Jahren
unabhängigkeit Hallo Herr Meinhold,
leider beleuchtet auch ihr hier verfasster Artikel die Problematik nicht wirklich....
medionso, vor 12 Jahren
Wir brauchen einen ÖR... ...
aber diesen nicht. Siehe die Beiträge oben. Ich bin überhaupt...
uessen, vor 12 Jahren
Nein... Nein, nein, nein! Mein
persönliches Nutzungsprofil des ÖR ist ziemlich überschaubar: Von selber eigentlich...
Enter, vor 12 Jahren
Alternativen Hallo Herr Meinhold !
Ich kann Abhilfe schaffen, um die Angst vor Tellerrändern (und...
rugay, vor 12 Jahren
Meinen Sie diesen Schönenborn? http://www.politaia.org/internet-und-medien/putin-lasst-gez-schonenborn-auflaufen/
Ich kann GEZ-Steuern mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Ihr Beitrag...
Infoliner, vor 12 Jahren
Die Graffiti-Analogie verstehe ich nicht.
Zur "Verbeamtung": Das ist ja ebenfalls eines der Vorurteile...
philipmeinhold, vor 12 Jahren
Betriebsblind. Die Leute regen sich
nicht über die sagenhafte Programmvielfalt eines Qualitätsmediums auf, sondern, über...
Scriptmaster, vor 12 Jahren
Ihre Ausführungen ähneln denen eines
15-Jährigen, der bei seiner "Grafitti-Kunst" erwischt wurde und nun...
bernd23, vor 12 Jahren
Und damit sind die GEZ-Hasser
dann in der Gesellschaft, die zumindest die undifferenzierte Kritik...
philipmeinhold, vor 12 Jahren
derselbe Fehler "Und dafür zahle
ich GEZ!" ist also nicht hilfreich und reichlich abgedroschen? Gleiches...
ThomasL, vor 12 Jahren
ich mach mir die welt
wie sie mir gefällt.. aus pipi langstrumpf,eine serie die ich...
neuheide, vor 12 Jahren

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